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Similaire à eparo – User haben keinen freien Willen (Vortrag IA-Konferenz 2012 und WUD 2012 – Rolf Schulte Strathaus)
Similaire à eparo – User haben keinen freien Willen (Vortrag IA-Konferenz 2012 und WUD 2012 – Rolf Schulte Strathaus) (20)
eparo – User haben keinen freien Willen (Vortrag IA-Konferenz 2012 und WUD 2012 – Rolf Schulte Strathaus)
- 1. User haben keinen freien Willen.
Dr. Rolf Schulte Strathaus, eparo GmbH
IASeite
11.05.2012
Konferenz 2012 © eparo GmbH, 2012
Die normale Herangehensweise an Design und Kommunikation geht davon aus, dass die User/Konsumenten
sich die angebotenen Informationen ansehen und dann bewusst eine Auswahl treffen, die für sie am
vorteilhaftesten ist. Also eine rationale Entscheidung.
Diese Annahme geht davon aus, dass die User einen freien Willen haben und rational entscheiden. Das stimmt
aber nicht, oder nur zum Teil:
User bzw. Menschen entscheiden oft unbewusst. Der freie Wille ist dabei meist zweitrangig.
Dieser Vortrag erläutert die Rolle des Unterbewussteins bei der Nutzung von digitalen Produkten und Services
und gibt dann praktische Tipps zur Konzeption und Gestaltung für das Unterbewusste.
- 2. Gestaltung für das Unterbewusstsein.
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Wenn wir also gestalten, dann müssen wir das Unterbewusstsein unser User ganz bewusst mit
berücksichtigen. Über das Unterbewusstsein wird das Interesse des Users auf die Dinge gelenkt, die er
wahrnehmen soll.
- 3. Das mit dem freien Willen ist ein Mythos.
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Mittlerweile setzt sich die Erkenntnis, dass der Mensch nur teilweise ein rational entscheidendes Wesen ist,
durch. Auf dieser Annahme beruht zwar noch fast die gesamte Marktwirtschaft, aber die Stimmen mehren
sich, dass das Unterbewusstsein und das Irrationale sehr stark unser Handeln bestimmen.
Das gilt eben auch für die Nutzung von digitalen Produkten und Services.
- 4. Wir testen ziemlich viel ...
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Wir merken das ständig in unseren Usability-Tests. User entscheiden spontan für etwas, nehmen andere Dinge
überhaupt nicht wahr und handeln eben nicht besonders rational.
- 5. "Unwichtiges" ist unsichtbar.
»Usability ist das Ausmaß, in dem ein Produkt
durch bestimmte Benutzer in einem bestimmten
Nutzungskontext genutzt werden kann, um
bestimmte Ziele effektiv, effizient und
zufriedenstellend zu erreichen.«
(EN ISO 9241: Ergonomie der Mensch-System-Interaktion)
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Im Video wird eine Testperson gezeigt, die sich das Produktangebot von Alice ansieht. Es gibt dort vier
Produkte (drei für Privatkunden und ein Firmenkundenprodukt). Das Firmenkundenprodukt ist anders gestaltet
und in der rechten Marginalspalte platziert.
Die Testperson hat dies Produkt überhaupt nicht wahrgenommen. "Das sah aus wie Werbung" wurde auf
Nachfrage begründet.
- 6. Aufmerksamkeit nur für Relevantes.
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Hier noch ein zweites Beispiel dafür, wie stark das Unterbewusstein die Aufmerksamkeit steuert. Diese
Informationsseite für Investment Banker hat einen sehr prominenten Teaser oben in der Bühne. Dieser Teaser
wurde komplett ignoriert. Stattdessen wurden die deutlich kleiner gestalteten Informationen wahrgenommen.
- 7. "Das müssen wir prominenter gestalten."
"Das müssen wir besser erklären."
"Die sind ja total blöd."
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Designer und Kunden reagieren auf dies Verhalten meist mit Unverständnis. Die Schuld wird meist bei den
Usern gesucht oder in der Gestaltung oder der Informationstiefe.
- 8. Nee,
das hat einen anderen Grund!
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Der Grund liegt aber ganz woanders.
- 9. Das Gehirn...
Kognitive Psychologie: 3 Aspekte
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Das menschliche Gehirn und die kognitiven Abläufe bei der menschlichen Wahrnehmung sind der eigentliche
Grund dafür, dass irrational wahrgenommen und entschieden wird.
Drei Aspekte aus der kognitiven Psychologie schauen wir uns im Folgenden beispielhaft an.
- 10. #1
90 : 10
280ms
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
90% der Gehirnaktivitäten erfolgen unbewusst. Nur 10% sind bewusste Informationsverarbeitung.
In den ersten 280ms erfolgt die unbewusste Verarbeitung. Hier werden alle Informationen gesammelt und ausgewertet: Maßgeblich sind die
elementaren Gestaltgesetze (Nähe, Ähnlichkeit, Guten Fortsetzung, Geschlossenheit, Gemeinsames Schicksal).
Konzeption und Design müssen diese 280ms unbedingt berücksichtigen. Hier wird nämlich dem Bewusstsein vorgegeben, was es wahrnehmen
soll und was ignoriert werden kann.
- 11. #2
Erwartungen steuern
Aufmerksamkeit
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Bei der unbewussten Informationsverarbeitung spielen außerdem die User-Erwartungen eine große Rolle. Das
Unterbewusstsein filtert auf der Basis von Aufgaben und Erwartungen. Unerwartetes bleibt dabei schnell auf
der Strecke.
Das Video der Washington Post mit dem Geiger Joshua Bellmann ist ein schönes Beispiel dafür. Ein
weltberühmter Geiger, der in der Metrostation auf seiner Stradivadi klassische Musik spielt, wird komplett
ignoriert, weil er hier nicht erwartet wird. Über 1.000 Passanten sind in einer Stunde an ihm achtlos vorbei
gegangen.
- 12. #3
Wir lesen keine Texte
GMAEß ENEIR SUTIDE ENEIR ELGNIHCESN UVINISTERAT,
IST ES NCHIT WITIHCG IN WLECEHR RNEFLOGHEIE DIE
BSTACHUEBN IN ENEIM WROT SNID, DAS EZNIIGE WAS
WCTHIIG IST, IST DAß DER ESTRE UND DER LTZTEE
BSTABCHUE AN DER RGTHIIHCEN PIISOTN SNID. DER
RSET KNAN TATEOLR BSINOELDN SIEN, TEDZTORM
KNAN MAN IHN ONHE PEMOBLRE LEESN. DAS IST SO,
WEIL WIR NHCIT JDEEN BSTACHUEBN EZELINN LSEEN,
SNDERON DAS WROT ALS GTSEEAMS.
VRSETNEANDN?
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Text spielt im Internet eine sehr große Rolle. Um so erstaunlicher, dass der Art, wie wir Texte verarbeiten, so
wenig Beachtung geschenkt wird. Wir lesen nämlich Texte nicht Buchstaben für Buchstaben, sondern erkennen
Muster.
Das Beispiel zeigt sehr anschaulich, dass wir nur den ersten und den letzten Buchstaben wirklich brauchen.
Die Buchstaben dazwischen können total vertauscht sein. Das klappt natürlich nur, wenn wir die Wörter gut
kennen.
Wortspiele, unbekannte Wörter und komplizierte Begriffe erschweren das Lesen massiv.
- 13. Dazu haben wir eine kleine Studie
gemacht:
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Wir haben in einer kleinen Studie zwei Aspekte der Wahrnehmung untersucht. Zunächst haben wir eine Seite in
zwei Varianten untersucht, um die Steuerung der Aufmerksamkeit durch inhaltliche Elemente zu testen.
Als zweites haben wir dann untersucht, ob die Umgestaltung eines Texts die Aufmerksamkeit und das
Textverständnis fördert.
- 14. Lenkung der Aufmerksamkeit
Produkt-Teaser OHNE Produkt-Teaser MIT
Schieberegler Schieberegler
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Für die Studie wurden zwei Einstiegsseiten erstellt, die sich nur in der Gestaltung des Produkt-Teasers
unterschieden haben. Im linken Layout wurde ein einfach gestalteter Teaser verwendet. Im rechten Teaser
wurde ein einfacher Rechner integriert.
Diese Teaser-Gestaltung hat eine deutlich unterschiedliche Aufmerksamkeitsverteilung verursacht: Ohne
Rechner werden die Text-Teaser stark beachtet und der Produkt-Teaser wird ignoriert. Ist im Produkt-Teaser
ein Rechner integriert, wird dieser Teaser deutlich stärker wahrgenommen. Andere Bereiche verlieren
gleichzeitig an Aufmerksamkeit.
- 15. Textwahrnehmung durch Gestaltung
"Textwüste" "Strukturierter Text"
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Im zweiten Teil der Studie wurden die Texte auf einer Content-Seite gestalterisch etwas aufgeräumt. Im linken
Fall wurden die Informationen in einem Fließtext dargestellt, der mit Zwischenüberschriften unterteilt war. Im
rechten Layout wurde der Text noch deutlich mehr strukturiert. Hier wurden wichtige Elemente mit Bullets
hervorgehoben und der Text insgesamt "lesbarer" dargestellt.
In den Interviews wird deutlich, dass der Proband klar den strukturierten Text bevorzugt. Dies deckt sich mit
den Beobachtungen, die wir durchgängig in den Usability-Tests machen. Die Gestaltung der Texte beeinflusst
sehr stark die Bereitschaft der User, einen Text zu lesen.
- 16. Interfaces für das Unterbewusste
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
So viel zur Theorie. Was heißt das nun für die praktische Arbeit. Wie kann man besser für das Unterbewusste
konzipieren und gestalten.
- 17. Gestaltgesetze vermitteln Inhalte.
Gesetz der guten Gestalt
Gesetz von Figur und Grund
Gesetz der Kontinuität
Gesetz der Nähe
Gesetz der Ähnlichkeit
Gesetz der Einfachheit
11.05.2012 Seite Aus: Ralf Turtschi, TypoTuning 4, Bildgestaltung
© eparo GmbH, 2012
Bei der Gestaltung muss die unbewusste Wahrnehmung gezielt unterstützt werden. Das ist im Prinzip auch
nichts Neues. Die Grundsätze, wie die menschliche Wahrnehmung funktioniert und wie hier konkret
unterstützt werden kann, sind schon sehr lange bekannt. Designer kennen das oft als die "Gestaltgesetze". Die
sind mehr als nur Hinweise für bessere Gestaltung. Sie sind Prinzipien, die genutzt werden müssen, um die
Wahrnehmung gezielt zu steuern und die Informationsverarbeitung zu erleichtern.
Die hier vorgestellten Gestaltgesetze sind nur ein Beispiele. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich sehr gründlich
mit den Gestaltgesetzen zu beschäftigen.
- 18. Gestaltgesetze nicht angewendet:
In welches Stockwerk muss ich?
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Selbst bei ganz einfachen Dingen, wie der Zuordnung von Stockwerk zu Zimmernummer kann man es den
Betrachtern unnötig schwer machen. Auf diesem Hinweisschild ist es sehr schwer, direkt zu erkennen, in
welchem Stockwerk Zimmer 47 ist.
- 19. Texte sind Bilder.
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Ein zweites Thema, bei dem man mit einfachen Mitteln viel erreichen kann, ist die Darstellung von Texten. Für
das Unterbewusstsein sind Text zunächst mal Bilder, aus denen abgeleitet wird, ob der Text möglicherweise
relevante Informationen enthält. Außerdem vermittelt die Darstellung, ob der Text einfach zu erfassen ist. Das
Gehirn versucht ja immer, möglichst wenig Aufwand zu haben.
Die rechte Darstellung macht es dem Unterbewusstsein sehr einfach: Es gibt ein Grundthema mit drei
Kernaussagen. Diese drei Aussagen werden in drei Absätzen weiter vertieft.
- 20. "Stell dich NIE zwischen den
Elefanten und sein Ziel!"
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Mein aktueller Lieblingssatz: "Stell dich nie zwischen einen Elefanten und sein Ziel.". Der stammt aus einer
Reisereportage und ist die Warnung des Guides an eine Touristin. Man könne sich gefahrlos sehr nah an
Elefanten heranwagen, da diese Menschen einfach ignorieren. Allerdings ignorieren Elefanten Menschen auch
dann, wenn diese auf dem direkten Weg z.B. zum Wasserloch stehen. Daher dürfe man sich nie zwischen den
Elefanten und sein Ziel stellen.
Das gilt auch für User. Wenn ein User etwas erreichen will (also ein Ziel hat), dann kann man ihn durch andere
Angebote nicht abhalten. Das schafft nur Verärgerung und hilft nicht dabei, mehr Newsletter-Anmeldungen
oder Einwilligungen zur Datenverwendung zu produzieren.
Das wird immer wieder versucht und aber in unseren Tests noch nie zum Erfolg geführt.
Besser ist es, den Elefanten erst mal zum Wasserloch zu lassen und dann zu ersuchen, ihm etwas Neues
anzubieten.
- 21. Etwas Literatur
Predictably Irrational
Malcolm Gladwell
Predictably Irrational, The Hidden Forces That Shape
Our Decisions; Dan Ariely
"Wie Werbung wirkt. Erkenntnisse des Neuromarketing,
Chris Scheier
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Zum Schluss noch etwas Literatur:
Besonders das Buch von Malcolm Gladwell, "Blink", gibt einen sehr guten Überblick über die Rolle des
Unbewussten im menschlichen Handeln. Auch "Predicably Irrational" von Dan Ariely erläutert gut lesbar die
Gründe für irrationales Handeln. Die Schlüsse für die Online-Welt muss man aber selber ziehen.
Chris Scheiers Buch gibt eien guten Überblick über die Grundlagen der Hirnforschung.
- 22. Fragen?
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Hierzu ist nicht viel zu sagen. Im Workshop gab es eine ganze Reihe von Fragen besonders zu Usability-Tests.
- 23. Und jetzt kommt Werbung:
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Die Gelegenheit, auf unsere Axure-Schulungen hinzuweisen, kann ich mir natürlich nicht entgehen lassen.
- 24. Axure Schulungen in Hamburg
10. September: Axure Basics
Einführung in Axure, Basis-Funktionalitäten, einfache Prototypen
450,- Euro
11. September: Axure Advanced
Entwicklung von Rich Internet Applications, Konditionelle Logik, Erstellung
von Spezifikationen
450,- Euro
11. September: Mobile Prototyping mit Axure
Nutzung von Axure für mobile Anwendungen, Verwendung und Erstellung von
Patterns für Smartphone und Tablets
450,- Euro
Zwei Kurse: 750,- Euro; Drei Kurse: 1.000,- Euro
Anfragen an: training@eparo.de
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012
Die nächsten Schulungstermine für unsere Axure-Kurse sind im September.
- 25. Vielen Dank!
eparo GmbH Kontakt
User Experience & Usability Rolf Schulte Strathaus
Stahltwiete 22 T +49 40 76 99 12 77
22761 Hamburg M +49 162 10 24 384
www.eparo.de rolf.schulte@eparo.de
11.05.2012 Seite © eparo GmbH, 2012