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Zyperns alte Rebsorten erleben eine Renaissance
Die Meister des
EinzigartigenObwohl Zypern zu den ältesten Weinbaugebieten zählt, war die Mittelmeerinsel
bis vor wenigen Jahren ein weisser Fleck auf der europäischen Weinbaukarte.
Doch das hat sich inzwischen geändert. Denn Zyperns Winzer setzen seit einigen
Jahren vermehrt auf einheimische Rebsorten, deren Qualitätspotenzial sie nun
ausloten. Text: Rudolf Trefzer
S
eine eigentliche Blüte erlebte der zyprio-
tische Weinbau im Mittelalter und in der
frühen Neuzeit. Unter der Herrschaft der
Kreuzritter (der Johanniterorden hatte 1281
sein Hauptquartier nach Zypern verlegt) und
ab 1489 der Venezianer zählten die süssen
Commandaria-Weine zu den begehrtesten
und teuersten Weinen auf den Tafeln der Rei-
chenundMächtigeninganzEuropa.Dieosma-
nische Herrschaft, die von 1571 bis 1878 dauer-
te, bereitete dem zypriotischen «Weinwunder»
aber ein rasches Ende. Erst unter britischer
Verwaltung (ab 1878) erlebte der Weinbau
auf Zypern eine Renaissance. Der sogenannte
«Zypern-Sherry» (wie dieser gespritete Wein
damals noch genannt werden durfte) stiess
in Grossbritannien auf grosse Nachfrage. Spä-
ter etablierten sich die sozialistischen Staaten
Osteuropas als ein weiterer wichtiger Ab-
satzmarkt für billige Massenweine. Doch mit
dem Zusammenbruch des Ostblocks und der
gleichzeitig schwindenden Nachfrage nach
«Zypern-Sherry» fand die mengenorientierte
Weinproduktion auf Zypern ein rasches Ende.
Die Rebfläche schrumpfte dramatisch von
31 000 Hektar Ende der 1980er Jahre auf heute
rund 9000 Hektar.
Mit dem Ende einer auf Masse statt Klasse
setzenden Weinwirtschaft, die bis vor zwan-
zig Jahren praktisch ausschliesslich von vier
Grossfirmen dominiert wurde, stand Zypern
in den 1990er Jahren am gleichen Punkt wie
andere europäische Weinbauländer ein oder
zwei Jahrzehnte früher. Wie anderswo begriff
auch in Zypern eine neue, initiative und gut
ausgebildete Winzergeneration die Krise als
Chance und begann, in ihren eigenen, neu ge-
gründeten Weinbaubetrieben kompromisslos
auf Qualität zu setzen. Dazu gehört auch die
Rückbesinnung auf alte einheimische Rebsor-
ten, die sich bestens an das Terroir der west-
lichen und südlichen Ausläufer des Troodos-
Gebirges mit den kargen, teils vulkanischen,
teils kalkdominierten Böden und den heissen,
trockenen Sommermonaten angepasst haben.
Sauvignon Blanc und Chardonnay oder Syrah
und Cabernet Sauvignon werden bereits rund
um den Globus angebaut, doch die weissen
Rebsorten Xynisteri, Promara oder Spourtiko
und die roten Varietäten Mavro, Maratheftiko
oder Yiannoudi gibt es nur auf Zypern, wo sie,
da sich die Reblaus hier nicht auszubreiten
vermochte, allesamt wurzelecht und bis in für
Europa rekordverdächtige 1500 Höhenmeter
angebaut werden. Seit einigen Jahren sind die
Topwinzer daran, das Potenzial dieser und
weiterer einheimischer Sorten auszuloten. Ob
reinsortig oder als Cuvées abgefüllt, die Wein
gewordenen Resultate ihrer Bemühungen ver-
mögen zu begeistern und brauchen – wie der
Besuch von fünf Topkellereien eindrücklich
zeigt – auch im internationalen Vergleich
keine Konkurrenz zu scheuen.
1 Ezousa Winery
2 Tsiakkas Winery
3 Zambartas Winery
4 Vouni Panayia Winery
5 Vlassides Winery
Zypern
1 4
3
5
2
Fotos:z.V.g.
51VINUM
ZYPERN
Ezousa Winery
in Kannaviou
2
003 kam Michalis Constantinides zurück nach
Kannaviou, einem kleinen, baumbestandenen
Dorf im hügeligen Hinterland der Küstenstadt
Paphos, um seine eigene Weinkellerei aufzubauen.
Hier hat Michalis Constantinides seine ersten Lebens-
jahre verbracht, bevor er nach Athen ging, um dort
Chemietechnik zu studieren. Nach seiner Rückkehr
nach Zypern arbeitete er zuerst fünf Jahre lang in ei-
nem grossen Unternehmen der Kunststoffindustrie
und nahm danach eine Regierungsstelle im Umwelt-
bereich in Nikosia an. Doch in Kannaviou besass seine
Familie einen Weinberg. «Irgendwann an einem Wo-
chenende, als ich mit meinen Freunden in Kannaviou
zusammensass, kam die scherzhafte Idee auf, diesen
Weinberg selber zu pflegen und die Trauben selber zu
keltern», erinnert sich Michalis Constantinides. «Auch
wenn das nicht ganz ernst gemeint war, liess mich der
Gedanke nicht mehr los. Und nur wenig später ent-
schied ich mich, den Worten Taten folgen zu lassen.»
Heute gehört die Ezousa Winery zu den Topbetrieben
imBezirkPaphos.AufinsgesamtsechzehnHektarwer-
den zahlreiche Rebparzellen, die zwischen 400  und
700 Metern über dem Meer liegen, bewirtschaftet. Im
Vordergrund stehen dabei die beiden einheimischen
Sorten Xynisteri und Maratheftiko. Ergänzt wird der
Rebsortenspiegel durch die internationalen Varietäten
Syrah, Mourvèdre und Viognier und versuchsweise
durch Yiannoudi, einen weiteren roten einheimischen
Hoffnungsträger, sowie durch Assyrtiko, die weisse
Sorte, die auf der Kykladeninsel Santorini verbreitet
ist und dort saftig-elegante Weine hervorbringt. Sein
besonderes Augenmerk hat Michalis Constantinides
jedoch auf den Maratheftiko gerichtet. «Unter den au-
tochthonen roten Sorten ist für mich der Maratheftiko
nicht nur die beste, sondern auch jene, mit der wir auf
dem internationalen Weinparkett mithalten können.»
Allerdings macht es der Maratheftiko den Winzern
nicht ganz leicht, denn im Anbau gilt sie als schwie-
rig und kapriziös. Anders als praktisch alle anderen
Rebsorten auf der Welt ist sie nicht selbstbestäubend.
Deshalb muss sie zusammen mit anderen Sorten ge-
pflanzt werden, die dann die Bestäubung überneh-
men. Das kann zur Folge haben, dass die Trauben-
beeren uneinheitlich reifen, und der Ertrag schwankt.
«Doch Schwierigkeiten sind bekanntlich dazu da, um
überwunden zu werden. Deshalb experimentieren wir
beim Maratheftiko bei der Wahl der Klone, bei der Er-
tragssicherung und bei der Traubenselektion im Reb-
berg.» Doch aller Schwierigkeiten zum Trotz steht für
Michalis Constantinides fest: «Ich habe meinen Ent-
scheid, Winzer zu werden, bislang noch nie bereut.»
Maratheftiko
Metharmi 2013
17.5 Punkte | 2018 bis 2018
Komplexes, vielschichtiges Bouquet
mit Aromen von schwarzen Beeren,
Kirschen und dezenten Kräuter- und
Gewürznoten. Im Gaumen vollmundig, fi-
nessenreiche Aromatik, süsser Schmelz,
feine, harmonisch integrierte Tannine,
saftige Säure, langer Nachhall.
Kann noch zulegen.
www.ezousa.com
52 VINUM NOVEMBER 2017
Tsiakkas Winery in Pelendri
Koumandaria 2008
18.5 Punkte | 2017 bis 2035
95% Xynisteri und 5% Mavro. In
der vielschichtigen Nase Aromen von
Nüssen, Rosinen, getrockneten Orangen-
schalen und reifen Quitten. Im Gaumen
vollmundig, verführerische süsse,
vielschichtige Fruchtaromatik, die von
einer präsenten Säure ausbalanciert
wird. Langer, aromatisch dichter,
säuregestützter Nachhall.
Kann noch zulegen.
C
ostas Tsiakkas ist ein Mann, der nie zu
ruhen scheint, denn es gibt ja immer et-
was (und manchmal auch gleich meh-
reres gleichzeitig), das gesagt, organisiert und
erledigt werden muss. Die Liebe zum Wein
ist gewissermassen familiär vererbt. Costas
Tsiakkas’ Grossvater war Weinhändler. Costas
schlug aber zunächst einen anderen Berufs-
weg ein und stieg zum Direktor einer Bankfi-
liale auf. Überzeugt davon, dass man auf Zy-
pern mit den einheimischen Sorten nicht nur
eigenständige, sondern auch qualitativ hoch-
stehende Wein erzeugen kann, begann er vor
nunmehr dreissig Jahren, neben seinem Ban-
kenjob im Bergdorf Pelendri Weine zu erzeu-
gen. 1992 baute er im Rebbaugebiet ausserhalb
des Dorfes auf über 1000 Metern über dem
Meer ein Wohnhaus samt Kellerei und legte
damit die Grundlage für seine spätere berufli-
che Neuausrichtung. 2001 war es so weit: Cos-
tas Tsiakkas beendete sein Doppelleben und
wurde Vollblutwinzer. Obwohl in den steilen,
terrassierten Rebbergen auch einige internati-
onale Rebsorten wachsen, war Costas Tsiakkas
als einer der ersten vom Qualitätspotenzial al-
ter zypriotischer Rebsorten überzeugt. Neben
den beiden zypriotischen Vorzeigevarietäten
Xynisteri und Maratheftiko (Tsiakkas ver-
wendet bei Letzterem die ebenfalls geläufige
Bezeichnung Vamvakada) sind in den letzten
Jahren noch der weisse Promara sowie der rote
Yiannoudi dazugekommen. «Wir kennen diese
Sorten erst seit kurzer Zeit. Momentan sind wir
daran herauszufinden, welches ihre typischen
Charakteristiken sind und was wir tun können
und müssen, damit sie ihr Qualitätspotenzial
optimal zum Ausdruck bringen können», kom-
mentiert Tsiakkas. «Ich bin gespannt, wo wir
da in zehn Jahren stehen werden. Ich könnte
mir vorstellen, dass der Yiannoudi dann die
rote Topsorte auf Zypern sein wird.» Bereits
jetzt top ist sein Commandaria. Der aus son-
nengetrockneten Trauben erzeugte Süsswein,
der bereits in der Antike erzeugt und im Laufe
des 13. Jahrhunderts unter dem Namen Com-
mandaria bekannt und in ganz Europa an den
Tafeln der Mächtigen und Reichen serviert
wurde, darf nur auf dem Gebiet von vierzehn,
an den südlichen Abhängen des Troodos-Ge-
birges liegenden Gemeinden erzeugt werden.
Zugelassen sind die beiden Rebsorten Mavro
(rot) und Xynisteri (weiss), die zudem in der
traditionellen Buschform erzogen sein müs-
sen und nicht bewässert werden dürfen. An-
knüpfend an die Tradition spritet Costas Tsi-
akkas seinen grossartigen Koumandaria nicht
auf und füllt ihn nach einer mehrjährigen Fass-
lagerung auch nicht als Jahrgangsverschnitt,
sondern als Jahrgangswein ab.
www.tsiakkaswinery.com
Zambartas Winery in Agios Ambrosios
NOVEMBER 2017
Xynisteri, Single
Vineyard 2015
17.5 Punkte | 2017 bis 2025
Finessenreiches, fruchtiges Bouquet,
gelbe Früchte und Zitrusnoten.
Im Gaumen gute Fülle, aber
gleichwohl elegant, vielschichtige
Fruchtaromatik, harmonische
Säure, mineralische Anklänge,
gute Länge.
F
ährt man von Limassol, der an der
Südküste Zyperns gelegenen Hafen-
und Touristenstadt, in nordwestlicher
Richtung ins hügelige Hinterland, ändert sich
das Landschaftsbild schon nach kurzer Zeit
markant. Statt Hotelpalästen und modernen
Geschäftsgebäuden bekommt man nun die
ersten imposanten Steinterrassen zu sehen,
die – wie Höhenlinien auf einer Landkarte –
die steilen Taleinschnitte konturieren. «Alle
diese Terrassen waren noch bis in die 1970er
Jahre mit Reben bestockt», erklärt Marcos
Zambartas. «Seit einigen Jahren sind wir aber
daran, einen Teil dieser verbuschten Terras-
sen zurückzuerobern und wieder mit Reben
zu bepflanzen.» Mit «wir» meint er eine lang-
sam, aber stetig wachsende Zahl von Winzern
und Weinproduzenten, die auf Qualitätsweine
setzt, die sie zwar nicht ausschliesslich, aber
mehrheitlich aus einheimischen Rebsorten
erzeugt. Es war Akis Zambartas, Marcos’ Vater,
der sich neben seiner Arbeit als Chefönolo-
ge und später als Direktor einer der grössten
Weinkellereien Zyperns auf die systematische
Suche nach alten, vergessenen Rebsorten
machte. Dabei stiess er auf zwölf weisse und
rote Rebsorten, die oft im Mischsatz in alten
Weinbergen zusammen mit den verbreiteten
Mavro- und Xynisteri-Reben wuchsen. Über-
zeugt vom Potenzial einiger dieser verges-
senen Rebsorten, gründete Akis Zambartas
2006 in Agios Ambrosios seine eigene Kelle-
rei. Zwei Jahre später kam sein Sohn Marcos
dazu, nachdem er sein Chemie-Studium in
London und danach seine Önologie-Ausbil-
dung in Australien abgeschlossen hatte.
Nach dem frühen Tod von Akis Zambartas
übernahm Marcos die Leitung des Familien-
betriebs. Zurzeit werden neun Hektar Reb-
land bewirtschaftet, wobei die Rebparzellen
zwischen 500 bis 1150 Höhenmetern liegen,
auf kalkhaltigen Böden in tieferen Lagen, auf
vulkanischem Untergrund mit zunehmender
Höhe. Neben internationalen Sorten wie Sau-
vignon Blanc, Sémillon, Mourvèdre und Syrah
sowie der griechischen Lefkada werden vor
allem einheimische Varietäten angebaut. Im
Vordergrund stehen dabei der weisse Xyniste-
ri und der rote Hoffnungsträger Maratheftiko.
Dazu gekommen ist in den letzten Jahren mit
dem Yiannoudi eine weitere vielversprechen-
de autochthone rote Sorte, deren verheis-
sungsvolles Potenzial aber noch ausgelotet
werden muss.
Sein volles Potenzial zeigt dagegen bereits
der Xynisteri. Marcos Zambartas füllt ihn rein-
sortig in zwei Versionen ab. Neben dem frisch-
fruchtigen Basiswein keltert er auch einen
Xynisteri, dessen Trauben von 29 Jahre alten
Buschreben einer Reblage stammen, die auf
900 Metern über dem Meer im Troodos-Ge-
birge liegt. Marcos Zambartas: «Der Xynisteri
Single Vineyard gehört zu meinen Lieblings-
weinen, weil er exemplarisch zum Ausdruck
bringt, was wir anstreben.»
ZYPERN
www.zambartaswineries.com
Fotos:z.V.g.
ZYPERN
NOVEMBER 2017
Vouni Panayia Winery in Panayia
V
or nunmehr dreissig Jahren tat And-
reas Kyriakides etwas, was sein Leben
verändern und bis heute prägen sollte:
Nur so nebenbei produzierte er mit den Trau-
ben von einigen familieneigenen Rebparzel-
len 8000 Flaschen Wein. Und da sich die im
Nu verkauften, entschied er sich, seinen Job in
der Abteilung für Weinbau und Önologie des
Ministeriums für Landwirtschaft aufzugeben
und sich künftig als Winzer voll und ganz den
praktischen Seiten des Weinbaus zu widmen.
Dabei war für Andreas Kyriakides von Anfang
klar, dass er nur mit einheimischen Rebsorten
arbeiten würde. Aus der kleinen Privatkellerei
von einst ist inzwischen ein moderner Fami-
lienbetrieb geworden, in dem nun die beiden
Söhne Yiannis und Pavlos nach Abschluss ih-
res Önologiestudiums an der Universität von
Florenz das Zepter übernommen und das Ihre
dazu beigetragen haben, dass Vouni Panayia
heute zu Zyperns Topweingütern zählt.
Die Kellerei Vouni Panayia liegt oberhalb
des Dorfes Panayia auf rund 900 Metern über
dem Meer in den westlichen Ausläufern des
Troodos-Gebirges und ist von der Küstenstadt
Paphos aus über eine kurvenreiche Strasse zu
erreichen. Die ausgedehnten, mit wurzelech-
ten Gobelet-Stöcken bepflanzten Rebparzellen
des Gebiets liegen grösstenteils nochmals eine
Stufe höher auf verschiedenen Plateaus, von
denen aus sich einem atemberaubende Aus-
blicke auf das tiefergelegene Landschaftspa-
norama darbieten. Das Durchschnittsalter der
gutseigenen Reben beträgt rund siebzig Jahre.
Neben dem obligaten Xynisteri, mit dem rund
die Hälfte der gutseigenen 25 Hektar Rebfläche
bestockt sind, wachsen hier auch die beiden
seltenen weissen autochthonen Varietäten
Spourtiko und Promara, die reinsortig abge-
füllt werden. «Der Spourtiko ist eine Rarität»,
erklärt Andreas Kyriakides. «Es gibt zurzeit nur
gerade vier Produzenten, die Spourtiko-Weine
erzeugen.» Während sich der Spourtiko saftig-
elegant und mit einer feinfruchtigen, von de-
zenten Zitrusnoten unterlegten Aromatik prä-
sentiert, zeigt sich der Promara dicht gewoben
und facettenreich, mit Aromen von exotischen
Früchten, Kräutern und Zitronen. Bei den Rot-
weinen bilden der reinsortig aus Maratheftiko-
TraubengekelterteBarbaYiannisundderYian-
noudi mit ihrem stoffig-soliden Rückgrat, aber
zugleich saftigen Eleganz die Qualitätsspitze.
«Unsere Weine», kommentiert Sohn Yiannis,
«sind das Resultat des Zusammentreffens von
Tradition und den lokalen Gegebenheiten der
Natur mit dem Wissen und den Erkenntnissen
unserer Zeit.»
Yiannoudi 2014
17.5 Punkte | 2017 bis 2025
Ansprechende, finessenreiche Nase
mit Aromen von reifen schwarzen Bee-
ren, Kirschen und Sauerkirschen sowie
würzigen Noten. Im Gaumen saftiger Auf-
takt, solide Struktur mit fleischig-saftiger
Frucht, präsente, harmonisch integ-
rierte Tannine. Sehr langer, eleganter,
säuregestützter Abgang. Wein mit
Potenzial, der jetzt schon grosse
Trinkfreude bereitet.
www.vounipanayiawinery.com
Fotos:z.V.g.
55VINUMNOVEMBER 2017
Vlassides Winery in Kilani
Opus Artis 2012
18 Punkte | 2017 bis 2027
53% Cabernet Sauvignon,
42% Merlot, 5% Syrah.
Tiefgründige Nase mit Aromen von
reifen, schwarzen Früchten und kräftigen
würzigen Noten. Im Gaumen kraftvoll-
muskulös, komplexe, vielfältige Aromatik,
präsente, geschliffene Tannine, saftige
Säure, schöne Fruchtsüsse, langes,
aromatisch-dichtes Finale. Monumen-
taler, in sich stimmiger Wein mit
grossem Alterungspotenzial.
S
ophokles Vlassides ist ein Perfektio-
nist. Deshalb zweifelt er selbstkritisch
solange am Geschaffenen und Erreich-
ten, bis er vollends mit den Resultaten seiner
Bemühungen zufrieden ist. Geschaffen und
erreicht hat er viel in den nunmehr beinahe
zwanzig Jahren, die vergangen sind, seit er
1998 nach Kilani in das Heimatdorf seiner Fa-
milie zurückgekehrt war und im ehemaligen
Kolonialwarenladen seines Grossvaters sei-
nen eigenen kleinen Winzerbetrieb einrich-
tete. So bezog Sophokles Vlassides 2012 die
neu erbaute, ausserhalb des Dorfes gelegene
Weinkellerei, die von sieben Hektar gutsei-
genem Rebland umgeben ist. Mit Reben be-
stockt sind weitere zehn Hektar, die sich auf
verschiedene Parzellen in Lagen zwischen
900 und 1100 Metern über dem Meer vertei-
len. «Als ich 1998 hier anfing, gab es in Zypern
noch kaum Kellereien, die kompromisslos auf
Qualität setzten», erinnert sich Vlassides. «Um
auf uns aufmerksam zu machen, setzten wir
qualitätsorientierten Winzer zuerst auf inter-
nationale Rebsorten wie Sauvignon Blanc und
Chardonnay oder Merlot, Cabernet Sauvignon
und Syrah. Erst nach und nach begannen wir,
uns für unsere autochthonen Sorten zu inter-
essieren.»
Trotz der Aufmerksamkeit und der Aner-
kennung, die mittlerweile die aus zyprioti-
schen Rebsorten erzeugten Gewächse gefun-
den haben, ist Vlassides noch nicht mit allen
Resultaten seiner eigenen Annäherung an
die einheimischen Sorten zufrieden. Ausser
seinem Grifos 2, einem Xynisteri-Wein, der
mit 25 Prozent Sauvignon Blanc verschnit-
ten wird, zögert er noch, die aus den Sorten
Maratheftiko und Yiannoudi gekelterten Ge-
wächse auf den Markt zu bringen. «Seit zwölf
Jahren arbeite ich nun schon mit diesen bei-
den roten Sorten. Doch ich bin von den Resul-
taten noch nicht voll und ganz überzeugt, des-
halb habe ich sie bis jetzt nicht in den Verkauf
gebracht.» Für besonders vielsprechend hält
er den Yiannoudi, aber seine eigenen Reben
seien noch zu jung. Dem Wein fehle es noch
an Körper und Tiefgang, krittelt er bei der Ver-
kostung eines den Schreibenden überzeugen-
den Fassmusters des 2016er Jahrgangs. Und
so müssen sich halt seine Kunden weiterhin
gedulden, bis Mister Perfect weitere aus zy-
priotischen Sorten gekelterte Weine freigibt.
Trösten können sie sich freilich damit, dass
die in traditioneller Manier, aber mit wissen-
schaftlicher Akribie aus internationalen Va-
rietäten erzeugten Gewächse nichts zu wün-
schen übrig lassen. Sein Meisterstück ist dabei
zweifellos der monumentale Opus Artis, eine
Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und
Syrah, die achtzehn Monate in Barriques und
zwei Jahre in Flaschen reifen muss, bis sie in
den Verkauf gelangt.
www.vlassideswinery.com
ZYPERN

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Zyperns alte Rebsorten erleben eine Renaissance by Vinum

  • 1. Zyperns alte Rebsorten erleben eine Renaissance Die Meister des EinzigartigenObwohl Zypern zu den ältesten Weinbaugebieten zählt, war die Mittelmeerinsel bis vor wenigen Jahren ein weisser Fleck auf der europäischen Weinbaukarte. Doch das hat sich inzwischen geändert. Denn Zyperns Winzer setzen seit einigen Jahren vermehrt auf einheimische Rebsorten, deren Qualitätspotenzial sie nun ausloten. Text: Rudolf Trefzer S eine eigentliche Blüte erlebte der zyprio- tische Weinbau im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Unter der Herrschaft der Kreuzritter (der Johanniterorden hatte 1281 sein Hauptquartier nach Zypern verlegt) und ab 1489 der Venezianer zählten die süssen Commandaria-Weine zu den begehrtesten und teuersten Weinen auf den Tafeln der Rei- chenundMächtigeninganzEuropa.Dieosma- nische Herrschaft, die von 1571 bis 1878 dauer- te, bereitete dem zypriotischen «Weinwunder» aber ein rasches Ende. Erst unter britischer Verwaltung (ab 1878) erlebte der Weinbau auf Zypern eine Renaissance. Der sogenannte «Zypern-Sherry» (wie dieser gespritete Wein damals noch genannt werden durfte) stiess in Grossbritannien auf grosse Nachfrage. Spä- ter etablierten sich die sozialistischen Staaten Osteuropas als ein weiterer wichtiger Ab- satzmarkt für billige Massenweine. Doch mit dem Zusammenbruch des Ostblocks und der gleichzeitig schwindenden Nachfrage nach «Zypern-Sherry» fand die mengenorientierte Weinproduktion auf Zypern ein rasches Ende. Die Rebfläche schrumpfte dramatisch von 31 000 Hektar Ende der 1980er Jahre auf heute rund 9000 Hektar. Mit dem Ende einer auf Masse statt Klasse setzenden Weinwirtschaft, die bis vor zwan- zig Jahren praktisch ausschliesslich von vier Grossfirmen dominiert wurde, stand Zypern in den 1990er Jahren am gleichen Punkt wie andere europäische Weinbauländer ein oder zwei Jahrzehnte früher. Wie anderswo begriff auch in Zypern eine neue, initiative und gut ausgebildete Winzergeneration die Krise als Chance und begann, in ihren eigenen, neu ge- gründeten Weinbaubetrieben kompromisslos auf Qualität zu setzen. Dazu gehört auch die Rückbesinnung auf alte einheimische Rebsor- ten, die sich bestens an das Terroir der west- lichen und südlichen Ausläufer des Troodos- Gebirges mit den kargen, teils vulkanischen, teils kalkdominierten Böden und den heissen, trockenen Sommermonaten angepasst haben. Sauvignon Blanc und Chardonnay oder Syrah und Cabernet Sauvignon werden bereits rund um den Globus angebaut, doch die weissen Rebsorten Xynisteri, Promara oder Spourtiko und die roten Varietäten Mavro, Maratheftiko oder Yiannoudi gibt es nur auf Zypern, wo sie, da sich die Reblaus hier nicht auszubreiten vermochte, allesamt wurzelecht und bis in für Europa rekordverdächtige 1500 Höhenmeter angebaut werden. Seit einigen Jahren sind die Topwinzer daran, das Potenzial dieser und weiterer einheimischer Sorten auszuloten. Ob reinsortig oder als Cuvées abgefüllt, die Wein gewordenen Resultate ihrer Bemühungen ver- mögen zu begeistern und brauchen – wie der Besuch von fünf Topkellereien eindrücklich zeigt – auch im internationalen Vergleich keine Konkurrenz zu scheuen. 1 Ezousa Winery 2 Tsiakkas Winery 3 Zambartas Winery 4 Vouni Panayia Winery 5 Vlassides Winery Zypern 1 4 3 5 2
  • 2. Fotos:z.V.g. 51VINUM ZYPERN Ezousa Winery in Kannaviou 2 003 kam Michalis Constantinides zurück nach Kannaviou, einem kleinen, baumbestandenen Dorf im hügeligen Hinterland der Küstenstadt Paphos, um seine eigene Weinkellerei aufzubauen. Hier hat Michalis Constantinides seine ersten Lebens- jahre verbracht, bevor er nach Athen ging, um dort Chemietechnik zu studieren. Nach seiner Rückkehr nach Zypern arbeitete er zuerst fünf Jahre lang in ei- nem grossen Unternehmen der Kunststoffindustrie und nahm danach eine Regierungsstelle im Umwelt- bereich in Nikosia an. Doch in Kannaviou besass seine Familie einen Weinberg. «Irgendwann an einem Wo- chenende, als ich mit meinen Freunden in Kannaviou zusammensass, kam die scherzhafte Idee auf, diesen Weinberg selber zu pflegen und die Trauben selber zu keltern», erinnert sich Michalis Constantinides. «Auch wenn das nicht ganz ernst gemeint war, liess mich der Gedanke nicht mehr los. Und nur wenig später ent- schied ich mich, den Worten Taten folgen zu lassen.» Heute gehört die Ezousa Winery zu den Topbetrieben imBezirkPaphos.AufinsgesamtsechzehnHektarwer- den zahlreiche Rebparzellen, die zwischen 400  und 700 Metern über dem Meer liegen, bewirtschaftet. Im Vordergrund stehen dabei die beiden einheimischen Sorten Xynisteri und Maratheftiko. Ergänzt wird der Rebsortenspiegel durch die internationalen Varietäten Syrah, Mourvèdre und Viognier und versuchsweise durch Yiannoudi, einen weiteren roten einheimischen Hoffnungsträger, sowie durch Assyrtiko, die weisse Sorte, die auf der Kykladeninsel Santorini verbreitet ist und dort saftig-elegante Weine hervorbringt. Sein besonderes Augenmerk hat Michalis Constantinides jedoch auf den Maratheftiko gerichtet. «Unter den au- tochthonen roten Sorten ist für mich der Maratheftiko nicht nur die beste, sondern auch jene, mit der wir auf dem internationalen Weinparkett mithalten können.» Allerdings macht es der Maratheftiko den Winzern nicht ganz leicht, denn im Anbau gilt sie als schwie- rig und kapriziös. Anders als praktisch alle anderen Rebsorten auf der Welt ist sie nicht selbstbestäubend. Deshalb muss sie zusammen mit anderen Sorten ge- pflanzt werden, die dann die Bestäubung überneh- men. Das kann zur Folge haben, dass die Trauben- beeren uneinheitlich reifen, und der Ertrag schwankt. «Doch Schwierigkeiten sind bekanntlich dazu da, um überwunden zu werden. Deshalb experimentieren wir beim Maratheftiko bei der Wahl der Klone, bei der Er- tragssicherung und bei der Traubenselektion im Reb- berg.» Doch aller Schwierigkeiten zum Trotz steht für Michalis Constantinides fest: «Ich habe meinen Ent- scheid, Winzer zu werden, bislang noch nie bereut.» Maratheftiko Metharmi 2013 17.5 Punkte | 2018 bis 2018 Komplexes, vielschichtiges Bouquet mit Aromen von schwarzen Beeren, Kirschen und dezenten Kräuter- und Gewürznoten. Im Gaumen vollmundig, fi- nessenreiche Aromatik, süsser Schmelz, feine, harmonisch integrierte Tannine, saftige Säure, langer Nachhall. Kann noch zulegen. www.ezousa.com
  • 3. 52 VINUM NOVEMBER 2017 Tsiakkas Winery in Pelendri Koumandaria 2008 18.5 Punkte | 2017 bis 2035 95% Xynisteri und 5% Mavro. In der vielschichtigen Nase Aromen von Nüssen, Rosinen, getrockneten Orangen- schalen und reifen Quitten. Im Gaumen vollmundig, verführerische süsse, vielschichtige Fruchtaromatik, die von einer präsenten Säure ausbalanciert wird. Langer, aromatisch dichter, säuregestützter Nachhall. Kann noch zulegen. C ostas Tsiakkas ist ein Mann, der nie zu ruhen scheint, denn es gibt ja immer et- was (und manchmal auch gleich meh- reres gleichzeitig), das gesagt, organisiert und erledigt werden muss. Die Liebe zum Wein ist gewissermassen familiär vererbt. Costas Tsiakkas’ Grossvater war Weinhändler. Costas schlug aber zunächst einen anderen Berufs- weg ein und stieg zum Direktor einer Bankfi- liale auf. Überzeugt davon, dass man auf Zy- pern mit den einheimischen Sorten nicht nur eigenständige, sondern auch qualitativ hoch- stehende Wein erzeugen kann, begann er vor nunmehr dreissig Jahren, neben seinem Ban- kenjob im Bergdorf Pelendri Weine zu erzeu- gen. 1992 baute er im Rebbaugebiet ausserhalb des Dorfes auf über 1000 Metern über dem Meer ein Wohnhaus samt Kellerei und legte damit die Grundlage für seine spätere berufli- che Neuausrichtung. 2001 war es so weit: Cos- tas Tsiakkas beendete sein Doppelleben und wurde Vollblutwinzer. Obwohl in den steilen, terrassierten Rebbergen auch einige internati- onale Rebsorten wachsen, war Costas Tsiakkas als einer der ersten vom Qualitätspotenzial al- ter zypriotischer Rebsorten überzeugt. Neben den beiden zypriotischen Vorzeigevarietäten Xynisteri und Maratheftiko (Tsiakkas ver- wendet bei Letzterem die ebenfalls geläufige Bezeichnung Vamvakada) sind in den letzten Jahren noch der weisse Promara sowie der rote Yiannoudi dazugekommen. «Wir kennen diese Sorten erst seit kurzer Zeit. Momentan sind wir daran herauszufinden, welches ihre typischen Charakteristiken sind und was wir tun können und müssen, damit sie ihr Qualitätspotenzial optimal zum Ausdruck bringen können», kom- mentiert Tsiakkas. «Ich bin gespannt, wo wir da in zehn Jahren stehen werden. Ich könnte mir vorstellen, dass der Yiannoudi dann die rote Topsorte auf Zypern sein wird.» Bereits jetzt top ist sein Commandaria. Der aus son- nengetrockneten Trauben erzeugte Süsswein, der bereits in der Antike erzeugt und im Laufe des 13. Jahrhunderts unter dem Namen Com- mandaria bekannt und in ganz Europa an den Tafeln der Mächtigen und Reichen serviert wurde, darf nur auf dem Gebiet von vierzehn, an den südlichen Abhängen des Troodos-Ge- birges liegenden Gemeinden erzeugt werden. Zugelassen sind die beiden Rebsorten Mavro (rot) und Xynisteri (weiss), die zudem in der traditionellen Buschform erzogen sein müs- sen und nicht bewässert werden dürfen. An- knüpfend an die Tradition spritet Costas Tsi- akkas seinen grossartigen Koumandaria nicht auf und füllt ihn nach einer mehrjährigen Fass- lagerung auch nicht als Jahrgangsverschnitt, sondern als Jahrgangswein ab. www.tsiakkaswinery.com
  • 4. Zambartas Winery in Agios Ambrosios NOVEMBER 2017 Xynisteri, Single Vineyard 2015 17.5 Punkte | 2017 bis 2025 Finessenreiches, fruchtiges Bouquet, gelbe Früchte und Zitrusnoten. Im Gaumen gute Fülle, aber gleichwohl elegant, vielschichtige Fruchtaromatik, harmonische Säure, mineralische Anklänge, gute Länge. F ährt man von Limassol, der an der Südküste Zyperns gelegenen Hafen- und Touristenstadt, in nordwestlicher Richtung ins hügelige Hinterland, ändert sich das Landschaftsbild schon nach kurzer Zeit markant. Statt Hotelpalästen und modernen Geschäftsgebäuden bekommt man nun die ersten imposanten Steinterrassen zu sehen, die – wie Höhenlinien auf einer Landkarte – die steilen Taleinschnitte konturieren. «Alle diese Terrassen waren noch bis in die 1970er Jahre mit Reben bestockt», erklärt Marcos Zambartas. «Seit einigen Jahren sind wir aber daran, einen Teil dieser verbuschten Terras- sen zurückzuerobern und wieder mit Reben zu bepflanzen.» Mit «wir» meint er eine lang- sam, aber stetig wachsende Zahl von Winzern und Weinproduzenten, die auf Qualitätsweine setzt, die sie zwar nicht ausschliesslich, aber mehrheitlich aus einheimischen Rebsorten erzeugt. Es war Akis Zambartas, Marcos’ Vater, der sich neben seiner Arbeit als Chefönolo- ge und später als Direktor einer der grössten Weinkellereien Zyperns auf die systematische Suche nach alten, vergessenen Rebsorten machte. Dabei stiess er auf zwölf weisse und rote Rebsorten, die oft im Mischsatz in alten Weinbergen zusammen mit den verbreiteten Mavro- und Xynisteri-Reben wuchsen. Über- zeugt vom Potenzial einiger dieser verges- senen Rebsorten, gründete Akis Zambartas 2006 in Agios Ambrosios seine eigene Kelle- rei. Zwei Jahre später kam sein Sohn Marcos dazu, nachdem er sein Chemie-Studium in London und danach seine Önologie-Ausbil- dung in Australien abgeschlossen hatte. Nach dem frühen Tod von Akis Zambartas übernahm Marcos die Leitung des Familien- betriebs. Zurzeit werden neun Hektar Reb- land bewirtschaftet, wobei die Rebparzellen zwischen 500 bis 1150 Höhenmetern liegen, auf kalkhaltigen Böden in tieferen Lagen, auf vulkanischem Untergrund mit zunehmender Höhe. Neben internationalen Sorten wie Sau- vignon Blanc, Sémillon, Mourvèdre und Syrah sowie der griechischen Lefkada werden vor allem einheimische Varietäten angebaut. Im Vordergrund stehen dabei der weisse Xyniste- ri und der rote Hoffnungsträger Maratheftiko. Dazu gekommen ist in den letzten Jahren mit dem Yiannoudi eine weitere vielversprechen- de autochthone rote Sorte, deren verheis- sungsvolles Potenzial aber noch ausgelotet werden muss. Sein volles Potenzial zeigt dagegen bereits der Xynisteri. Marcos Zambartas füllt ihn rein- sortig in zwei Versionen ab. Neben dem frisch- fruchtigen Basiswein keltert er auch einen Xynisteri, dessen Trauben von 29 Jahre alten Buschreben einer Reblage stammen, die auf 900 Metern über dem Meer im Troodos-Ge- birge liegt. Marcos Zambartas: «Der Xynisteri Single Vineyard gehört zu meinen Lieblings- weinen, weil er exemplarisch zum Ausdruck bringt, was wir anstreben.» ZYPERN www.zambartaswineries.com Fotos:z.V.g.
  • 5. ZYPERN NOVEMBER 2017 Vouni Panayia Winery in Panayia V or nunmehr dreissig Jahren tat And- reas Kyriakides etwas, was sein Leben verändern und bis heute prägen sollte: Nur so nebenbei produzierte er mit den Trau- ben von einigen familieneigenen Rebparzel- len 8000 Flaschen Wein. Und da sich die im Nu verkauften, entschied er sich, seinen Job in der Abteilung für Weinbau und Önologie des Ministeriums für Landwirtschaft aufzugeben und sich künftig als Winzer voll und ganz den praktischen Seiten des Weinbaus zu widmen. Dabei war für Andreas Kyriakides von Anfang klar, dass er nur mit einheimischen Rebsorten arbeiten würde. Aus der kleinen Privatkellerei von einst ist inzwischen ein moderner Fami- lienbetrieb geworden, in dem nun die beiden Söhne Yiannis und Pavlos nach Abschluss ih- res Önologiestudiums an der Universität von Florenz das Zepter übernommen und das Ihre dazu beigetragen haben, dass Vouni Panayia heute zu Zyperns Topweingütern zählt. Die Kellerei Vouni Panayia liegt oberhalb des Dorfes Panayia auf rund 900 Metern über dem Meer in den westlichen Ausläufern des Troodos-Gebirges und ist von der Küstenstadt Paphos aus über eine kurvenreiche Strasse zu erreichen. Die ausgedehnten, mit wurzelech- ten Gobelet-Stöcken bepflanzten Rebparzellen des Gebiets liegen grösstenteils nochmals eine Stufe höher auf verschiedenen Plateaus, von denen aus sich einem atemberaubende Aus- blicke auf das tiefergelegene Landschaftspa- norama darbieten. Das Durchschnittsalter der gutseigenen Reben beträgt rund siebzig Jahre. Neben dem obligaten Xynisteri, mit dem rund die Hälfte der gutseigenen 25 Hektar Rebfläche bestockt sind, wachsen hier auch die beiden seltenen weissen autochthonen Varietäten Spourtiko und Promara, die reinsortig abge- füllt werden. «Der Spourtiko ist eine Rarität», erklärt Andreas Kyriakides. «Es gibt zurzeit nur gerade vier Produzenten, die Spourtiko-Weine erzeugen.» Während sich der Spourtiko saftig- elegant und mit einer feinfruchtigen, von de- zenten Zitrusnoten unterlegten Aromatik prä- sentiert, zeigt sich der Promara dicht gewoben und facettenreich, mit Aromen von exotischen Früchten, Kräutern und Zitronen. Bei den Rot- weinen bilden der reinsortig aus Maratheftiko- TraubengekelterteBarbaYiannisundderYian- noudi mit ihrem stoffig-soliden Rückgrat, aber zugleich saftigen Eleganz die Qualitätsspitze. «Unsere Weine», kommentiert Sohn Yiannis, «sind das Resultat des Zusammentreffens von Tradition und den lokalen Gegebenheiten der Natur mit dem Wissen und den Erkenntnissen unserer Zeit.» Yiannoudi 2014 17.5 Punkte | 2017 bis 2025 Ansprechende, finessenreiche Nase mit Aromen von reifen schwarzen Bee- ren, Kirschen und Sauerkirschen sowie würzigen Noten. Im Gaumen saftiger Auf- takt, solide Struktur mit fleischig-saftiger Frucht, präsente, harmonisch integ- rierte Tannine. Sehr langer, eleganter, säuregestützter Abgang. Wein mit Potenzial, der jetzt schon grosse Trinkfreude bereitet. www.vounipanayiawinery.com Fotos:z.V.g.
  • 6. 55VINUMNOVEMBER 2017 Vlassides Winery in Kilani Opus Artis 2012 18 Punkte | 2017 bis 2027 53% Cabernet Sauvignon, 42% Merlot, 5% Syrah. Tiefgründige Nase mit Aromen von reifen, schwarzen Früchten und kräftigen würzigen Noten. Im Gaumen kraftvoll- muskulös, komplexe, vielfältige Aromatik, präsente, geschliffene Tannine, saftige Säure, schöne Fruchtsüsse, langes, aromatisch-dichtes Finale. Monumen- taler, in sich stimmiger Wein mit grossem Alterungspotenzial. S ophokles Vlassides ist ein Perfektio- nist. Deshalb zweifelt er selbstkritisch solange am Geschaffenen und Erreich- ten, bis er vollends mit den Resultaten seiner Bemühungen zufrieden ist. Geschaffen und erreicht hat er viel in den nunmehr beinahe zwanzig Jahren, die vergangen sind, seit er 1998 nach Kilani in das Heimatdorf seiner Fa- milie zurückgekehrt war und im ehemaligen Kolonialwarenladen seines Grossvaters sei- nen eigenen kleinen Winzerbetrieb einrich- tete. So bezog Sophokles Vlassides 2012 die neu erbaute, ausserhalb des Dorfes gelegene Weinkellerei, die von sieben Hektar gutsei- genem Rebland umgeben ist. Mit Reben be- stockt sind weitere zehn Hektar, die sich auf verschiedene Parzellen in Lagen zwischen 900 und 1100 Metern über dem Meer vertei- len. «Als ich 1998 hier anfing, gab es in Zypern noch kaum Kellereien, die kompromisslos auf Qualität setzten», erinnert sich Vlassides. «Um auf uns aufmerksam zu machen, setzten wir qualitätsorientierten Winzer zuerst auf inter- nationale Rebsorten wie Sauvignon Blanc und Chardonnay oder Merlot, Cabernet Sauvignon und Syrah. Erst nach und nach begannen wir, uns für unsere autochthonen Sorten zu inter- essieren.» Trotz der Aufmerksamkeit und der Aner- kennung, die mittlerweile die aus zyprioti- schen Rebsorten erzeugten Gewächse gefun- den haben, ist Vlassides noch nicht mit allen Resultaten seiner eigenen Annäherung an die einheimischen Sorten zufrieden. Ausser seinem Grifos 2, einem Xynisteri-Wein, der mit 25 Prozent Sauvignon Blanc verschnit- ten wird, zögert er noch, die aus den Sorten Maratheftiko und Yiannoudi gekelterten Ge- wächse auf den Markt zu bringen. «Seit zwölf Jahren arbeite ich nun schon mit diesen bei- den roten Sorten. Doch ich bin von den Resul- taten noch nicht voll und ganz überzeugt, des- halb habe ich sie bis jetzt nicht in den Verkauf gebracht.» Für besonders vielsprechend hält er den Yiannoudi, aber seine eigenen Reben seien noch zu jung. Dem Wein fehle es noch an Körper und Tiefgang, krittelt er bei der Ver- kostung eines den Schreibenden überzeugen- den Fassmusters des 2016er Jahrgangs. Und so müssen sich halt seine Kunden weiterhin gedulden, bis Mister Perfect weitere aus zy- priotischen Sorten gekelterte Weine freigibt. Trösten können sie sich freilich damit, dass die in traditioneller Manier, aber mit wissen- schaftlicher Akribie aus internationalen Va- rietäten erzeugten Gewächse nichts zu wün- schen übrig lassen. Sein Meisterstück ist dabei zweifellos der monumentale Opus Artis, eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah, die achtzehn Monate in Barriques und zwei Jahre in Flaschen reifen muss, bis sie in den Verkauf gelangt. www.vlassideswinery.com ZYPERN